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 Foto © Xavier Messina/pexels 

KI bestimmt die wichtigsten textilen Innovationen

10. März 2025

Chatbots wie ChatGPT und Deepseek sind aus dem Leben kaum mehr wegzudenken. Sie erstellen Texte und optimieren sie, ermöglichen einen „dialogischen Austausch“ (wikipedia.org/wiki/ChatGPT) oder helfen bei der Beantwortung vielfältigster Fragen. In einem Selbstversuch wollte ich wissen, welches die innovativsten Textilien des vergangenen Jahrzehnts sind. Die Antworten sind teilweise überraschend.

Kürzlich trudelte eine Presseinformation eines Online-Anbieters für maßgeschneiderte Damenmode in meinem Büro ein. Das Unternehmen hatte zwei führende Chatbot gefragt, welche zehn Frauen zu den bestgekleideten Deutschlands zählen. Das brachte mich auf die Idee, ChatGPT ebenfalls mit einer Frage zu füttern – nämlich „Welches sind die innovativsten Textilien seit dem Jahr 2015?“. Bereits 30 Sekunden später flimmerte die Antwort über den Bildschirm.

1. Graphen-verstärkte Stoffe innovieren technische Textilanwendungen

  • Extrem leicht, aber außergewöhnlich robust.
  • Elektrisch leitfähig, antibakteriell und thermoregulierend.

Graphen-beschichtete Textilien und Graphen-haltige Fasern werden überwiegend für technische Anwendungen und für sicherheitstechnische Kleidung (z.B. im Militär) oder smarte Textilien eingesetzt. Der prognostizierte Hype, der für das Material eine rosige Zukunft in der Sportswear, in der Schwangerschaftskleidung (chiuvention.com) oder im Mückenschutz sah(forschung-und-wissen.de), blieb nicht zuletzt wegen der Kosten für den zweidimensionalen Kohlenstoff aus.

2. Selbstheilende Textilien reparieren sich selbst

  • Fasern mit Mikrokapseln aus Polymer oder Proteinen, die kleine Risse oder Löcher selbst reparieren können.

Was für eine Nachricht für alle, die des Nähens nicht mächtig sind! Textilien, die sich dank Mikroorganismen oder Polymeren selbst reparieren! Dank dieser Erfindung könnte die Lebenszeit von Bekleidung verlängert werden, zumal die vorhandenen Reparaturmittel waschbeständig sind! (https://futurism.com/self-healing-textile-welcome-to-the-age-of-clothes-that-can-heal-themselves). Allerdings zählt auch bei selbstheilenden Stoffen der Kosten-Nutzen-Effekt: Sie lohnen sich nur dann, wenn die Reparaturkosten niedriger sind als die Kosten für den Austausch des Materials oder der Ersatz des ganzen Teils.

3. Biologisch abbaubare Textilien erleichtern die Entsorgung

  • Materialien wie Mycelium (Pilzleder), Orangenseide oder Algenfasern, die vollständig kompostierbar sind.

Zu den biologisch abbaubaren Fasern zählen außerdem sämtliche Naturfasern, darunter Baumwolle, Wolle, Seide, Hanf, Leinen sowie die synthetisch hergestellten Lyocellfasern. Der Begriff der Algenfaser ist missverständlich – es handelt sich nicht um Fasern AUS Algen, sondern um Lyocell-Fasern MIT eingearbeiteten Algenpartikeln, international als SeaCell vermarktet. (smartfiber.de)

4. Kühlende & wärmende Stoffe (Thermoadaptive Textilien) für Klimakomfort

  • Textilien mit Phasenwechselmaterialien (PCM), die sich der Körpertemperatur anpassen.

Klimaregulierende Textilien wurden bereits vor Jahrzehnten von der NASA entwickelt, um Astronauten vor den externen Temperaturschwankungen im Weltall zu schützen. Das Prinzip entspricht dem von „Taschenwärmern“: Bei Wärme nehmen sie Energie auf und werden flüssig. Bei kälteren Temperaturen geben sie ihre gespeicherte Energie wieder ab und werden fest, weshalb man von Phasenwechseln spricht. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden Materialien mit inkludierten PCMs in vielfältigsten Bereichen eingesetzt – von Strümpfen und Schuhen über Outdoor-Wear bis zu Bettwaren (outlast.com)

5. Textilien aus recyceltem Ozeanplastik für weniger Müll

  • Marken wie Adidas und Parley produzieren Sportswear aus Meeresplastik.

Ein schönes Marketing-Instrument! Es wurde zwei Jahre mit EU-Mitteln gefördert, um spanische Fischer dazu zu bringen, den aus dem Meer gefischten Müll nicht wieder über Bord zu schmeißen, sondern an Land zu bringen. Dort, so die Idee, soll der Abfall zu Fasern recycelt werden. Der aus Atlantik und Mittelmeer abgesammelte Müll reicht selbstredend nicht aus, um den Faserbedarf für große Kollektionen zu decken. Deshalb ist nur ein sehr geringer Anteil Meeresmüll in den r-Polyester- und r-Polyamid-Fasern enthalten.

6. Smart Textiles mit integrierter Sensorik

  • E-Textilien mit leitfähigen Fasern zur Überwachung von Herzfrequenz, Muskelaktivität oder Körperhaltung.

Es gibt die verrücktesten Ideen für smarte Textilien – aber die cleveren Produkte stehen vor drei Herausforderungen: Erstens ist die Anbindung der Stromquelle an die elektrisch leitfähigen Komponenten noch nicht in industriellem Maßstab möglich. Zweitens kann häufiges Tragen oder Waschen die verbauten Komponenten schädigen, was die Frage der Reparaturmöglichkeiten aufwirft. Drittens stellt sich die Frage des End-of-Life: sind beheizbare oder leuchtende Oberteile Elektroschrott oder Textilmüll und wie müssen sie entsorgt werden? Wer mehr über smarte Textilien erfahren möchte, sollte das einmal jährlich stattfindende Anwenderforum SMART TEXTILES - DITF besuchen.